Montag, 15. Mai 2017

(E-) Trainings & Neurodidaktik (1)

Neurodidaktik auf (E-)Trainings zu übertragen kann zu spannenden Überlegungen, Reflexionen und Erkenntnissen führen.

Kommen Sie mit und begleiten Sie mich bei meinem Gang durch die "12 Prinzipien der Neurodidaktik" aus dem Buch "Neurodidaktik für Trainer" (Hütter, Lang, 2017 managerSeminare)

Mein Einstieg in und mit diesem Buch war ja etwas "holprig" - doch manches benötigt auch etwas Zeit ...



Meine Rezension, verbunden mit den aller-ersten Eindrücken können Sie gerne hier noch einmal nachlesen.

Doch hatte ich ja auch bereits in der Rezension geschrieben, dass mich diese 12 Prinzipien der Neurodidaktik faszinieren.

Daher mein Vorhaben, mir diese Prinzipien etwas näher anzusehen und mir hier in drei Blogbeiträgen darüber Gedanken zu machen.

Heute also nun meine Überlegungen zu den ersten vier Prinzipien.

1. Seminare/Webinare sind mit zu vielen Inhalten gefüllt!

[1. Prinzip: Lernen ist ein physiologischer Vorgang, S. 122 Hütter/Lang, Neurodidaktik für Trainer, 2017]

Zitat:
"Zu viele Lernerfahrungen ... die Folge kann sein, dass ein Teil ... wieder gelöscht wird."

Reflexion:
  • Wie voll sind meine Webinare/Seminare? Z.B. wie viele Punkte/Themen pro Stunde?
  • Wie viel Zeit habe ich für einzelne Aspekte vorgesehen?
  • Wie viel Vorkenntnisse haben die Teilnehmer und ist dann der vorgesehene Aspekt im angesetzten zeitlichen Rahmen tatsächlich umsetzbar?
Ist es zu viel?
Gab/Gibt es Hinweise? Haben ggf. Teilnehmer einmal rückgemeldet, dass in den 90 Minuten der Webinare (zu) viele Aspekte drin waren?

Erkenntnis:
Ich werde meine Webinare in Bezug auf ein "zu voll/ zu viel" unter die Lupe nehmen!

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2. Lernen läuft gut, wenn die Chemie stimmt!

[2. Prinzip: Das Gehirn ist sozial, S. 123 Hütter/Lang, Neurodidaktik für Trainer, 2017]

Zitat:
"wir sind ... besonders motivierbar, wenn wir etwas mit Menschen tun ... denen wir zwischenmenschlich verbunden sind ... [was] für die Wichtigkeit des Beziehungsaufbaus zwischen Trainer und Teilnehmern sowie zwischen den Teilnehmern untereinander [spricht].... [Also die Wichtigkeit] nicht allzu schnell in den "Stoff" zu starten, sondern ausgiebiges Kennenlernen, insbesondere der Hintergründe, Motive, Sorgen nd Nöte der Teilnehmer zu Beginn des Seminars zu ermöglichen."

Reflexion:
  • Bereits in Präsenzseminaren kommt dieser Aspekt oft zu kurz. In Webinaren, in welchen auch noch die Körpersprache fehlt, ist dieser Aspekt umso wichtiger!
  • Mehr noch - diese sozialen Komponenten müssen vom E-Trainer bewusst angestoßen und gefördert werden. Dies, da ohne den Blickkontakt und die Erfahrung der Personen als Gegenüber oft nur der Eindruck eines Namens auf einer Liste im virtuellen Raum entsteht. Die eigentliche Person bleibt hinter dem Bildschirm unerkannt und unentdeckt.


Erkenntnis:
Ich freue mich, dass ich nun wissenschaftlich nachgewiesen vor mir sehe, warum ich meinen E-Trainern so ans Herz lege diesen sozialen Austausch bewusst zu fördern. Nimmt man sich - auch im begrenzten Zeitfenster von 90 Minuten im Webinar - die Zeit für dieses Miteinander, dann läuft das Lernen im Webinar besser.
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3. Ohne erkennbaren Bezug zu eigenen Bedürfnissen, fällt das Lernen schwerer!

[3. Prinzip: Die Suche nach dem Sinn ist angeboren, S. 125 Hütter/Lang, Neurodidaktik für Trainer, 2017]

Zitat:
"dass Menschen besser lernen, wenn das Gelernte für ihr reales Leben sowie in Bezug auf ihre Bedürfnisse und Motive Sinn ergibt. ... [Dabei sollte ein Sinnbezug auf alle Ebenen (Entwicklungsziele des Einzelnen, genauso wie langfristige Strategien der Organisation) hergestellt werden."

Reflexion:
  • Mich erinnert dies an die von Prof. Dr. Arnold 1996 formulierten „Kriterien erwachsenengemäßen Lernens“. Dort spielt Interaktion und das Einbinden der Teilnehmer eine wichtige Rolle.
  • Lernen fällt mir und nach meiner Erfahrung auch anderen insbesondere dann leicht, wenn wir einen Nutzen/Sinn darin sehen. Auch das Verknüpfen mit Vorwissen klappt dann viel besser.
  • Vielleicht sollte ich als Trainerin meine Auftraggeber öfter mal fragen, welche mittel- und langfristigen Ziele hinter bestimmten Schulungsmaßnahmen stehen. Wenn diese dann bereits in der ersten Schulung aktiv mit kommuniziert werden - wer weiß ....

Erkenntnis: 
Wie bereits geschrieben, werde ich von nun an öfter überlegen, ob ich auch das Gesamtbild meines Kunden sehen kann. Vielleicht ist es damit möglich von vornherein mehr Details von Anfang an sichtbar zu machen - und damit auf allen Ebenen für mehr Transparenz und damit Akzeptanz zu sorgen.

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4. Es ist einfacher anzuknüpfen, als ganz neu zu "stricken".

[4. Prinzip: Sinnsuche geschieht durch die Bildung von (neuronalen) Mustern, S. 126 Hütter/Lang, Neurodidaktik für Trainer, 2017]

Zitat:
"Im Übergang von Lernen I (Wissen pauken, S. 16) zu Lernen II (erworbene Fähigkeiten situativ flexibel anzuwenden und je nach Kontext zu modifizieren, S. 16/17) [ist es notwendig] Vorwissen zu aktivieren und auf vorhandenen Erfahrungen aufzubauen. [So lassen sich] neue Erkenntnisse und Erfahrungen mit den vorhandenen Wissens- und Erfahrungsmustern verknüpfen .... [und vom Kennen über das Wissen zum Anwenden können (Wissen) entwickeln."

Reflexion:
  • Dies zeigt mir, wie wichtig es ist den Wissens- und Kenntnisstand der Teilnehmer am Anfang des Webinars abzuholen!
  • Dies bestätigt mir auch, warum es genauso wesentlich ist, die Erwartungen der Teilnehmer mit abzufragen. Oft zeigen sich nämlich genau in diesen bzw. der genauen Wortwahl der Formulierung der Erwartung, die bereits vorhandenen Kompetenzen (Stichwort: Unbewusste Kompetenzen)
  • "Vom Trainer in eine Moderatoren- oder "Faciliator"-Rolle" (S. 126) zu schlüpfen - das ist die Herausforderung für jeden Trainer.

Erkenntnis:
Nun erfahre ich aus diesem Prinzip theoretisch untermauert, was mir praktisch schon seit Jahren auffällt. Schaffe ich es als Trainer eher Begleiter zu sein, die Teilnehmer - soweit möglich - den Schwerpunkt innerhalb einer Session bestimmen zu lassen, dann gehen die Teilnehmer meist weit zufriedener aus dem Webinar. Denn ihre Bedürfnisse wurden befriedigt!

* * * * * *
Was meinen Sie? Fällt Ihnen dazu zu Ihren Angeboten etwas ein? Ich freue mich über Meinungen, Anregungen ....

Soweit, so gut für mich - für heute ... nächste Woche werde ich mir dann die nächsten vier Prinzipien anschauen.

Herzliche Grüße und eine gute Woche
Anja Röck

Nachtrag:
Hier geht es zu den Prinzipien 5-8 und hier zu den Prinzipien 9-12.

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