Dienstag, 14. August 2018

Gute Webinare, zielgerichtet entwickeln (1)


Es lohnt sich immer wieder, sich und die eigene Arbeit zu hinterfragen:
  • Was möglich ist...
  • was möglich sein könnte...
  • was möglich sein sollte und muss ....
  • und wie sich zielgerichtet gute Webinare entwicklen lassen... ist mein Thema heute...

Auf diese Thematik bin ich durch Anna Langheiter und ihr Buch "Trainingsdesign" gekommen.

KollegInnen, die bereits lange im Geschäft sind, unterschätzen, nach meiner Auffassung oft die Inspiration, den Nutzen der Reflexion und die Fragen zur eigenen Arbeit, die z.B. auch ein Externer stellen kann.

Anna Langheiter plädiert für "lebendige und nachhaltigte Trainings, bis in Detail durchdacht, akribisch vorbereitet, clever entwickelt, immer überraschend, nie langweilig, ständig aktiv, permanent forschend, durchweg fördernd und einfach anders."

Sie spricht mir mit vielen der o.g. Punkte aus dem Herzen - sprich aus meiner E-Trainer Überzeugung.

Die Idee für "Trainingsdesigns" entstand beim Frühstück: Anna Langheiter reflektierte mit ihrem Coach und der stellte eine wichtige Frage ... Und manchmal entstehen aus Fragen ein Buch ...

Das Buch "Trainingsdesign - Wie Sie gut durchdachte, lebendige und passgenaue Weiterbildungskonzepte entwickeln" klang für mich allein schon vom Titel her interessant. Bin ich doch der Überzeugung, dass nur interaktive Weiterbildungsformate, in welchen Teilnehmer eingebunden sind und mitgestalten können, wirklich wirksam sind.

Dazu dann noch der obige Klappentext - ich war gespannt.

Der Blick ins Inhaltsverzeichnis zeigt 6 Kapitel, mit insgesamt 348 Seiten unter folgenden Überschriften:
Was braucht es für ein gutes Trainingsdesign?
Der Designprozess
Der Trainingsprozess
Der Transferprozess
Der Evaluierungsprozess
Trainingsdesing in der Praxis

Das Vorwort von Dr. Ina Weinbauer-Heidel (Institut für Transferwirksamkeit) geschrieben, lies meine Erwartungen noch höher klettern.

Und so begann ich ganz am Anfang ....

Starten Sie also mit mir und Anna Langheiter in Kapitel 1 - und, Sie ahnen es - übertragen wir gleichzeitig die Aussagen auf die Konzeption von Webinaren ...

Bereits in diesem ersten Kapitel entdecke ich zwei wichtige Ansätze:
  • "Training from the back of the room."
  • "Have the end in mind."

Nicht nur in Präsenzveranstaltung ist das Gegenteil dieser Prinzipien noch immer verbreitet.
Doch wie steht es mir Webinaren?

Gutes Webinardesign - und wie?


Nehmen wir unter dem Blickpunkt eines guten Webinardesigns mal das erste dieser Prinzipien:

"Training from the back of the room" - also "dass der Teilnehmer so viel wie möglich [selbst] arbeitet/lernt und der Trainer so wenig wie möglich Inhalte doziert" (S. 15) ...

Ein guter Gedanke, meine Erfahrung zeigt mir jedoch, dass ein Großteil der Online Angebote noch immer aus Frontalvorträgen besteht. Die Teilnehmer dürfen dabei sein, zuhören und Fragen stellen - überwiegend am Ende, manchmal auch zwischendrin.

Dass Lernende jedoch tatsächlich im Lerngeschehen aktiv und die ganze Zeit mit eingebunden sind, dieses selbst beeinflussen, weiterentwickeln, für sich erschließen - das ist bei vielen Webinaren leider noch immer eher die Ausnahme.

Ein gutes Webinardesign ist daher genau so wichtig, wie ein durchdachtes Präsenz-Trainingsdesign.
Gerade bei Online Angeboten gibt es dazu noch einen wesentlichen Punkt, der oft im Vorfeld nur nebenher bedacht - und manchmal ganz vergessen wird: Die Technik.

Im Webinar geht es nicht nur um die Haltung des E-Trainers und welche Inhalte er umsetzen bzw. anbieten möchte. Die Technik der Webinarräume verlangt noch einmal ganz andere Überlegungen: Was können die Teilnehmer tatsächlich aktiv tun?

Mögliche Teilnehmeraktivitäten im Webinar


Das ein Webinar nicht nur das Präsenzseminar online durchgeführt sein sollte und darf, habe ich oben schon erwähnt.
Daher muss sich ein E-Trainer bewusst damit auseinandersetzen, über welche Fähigkeiten seine Webinar-Teilnehmer bereits verfügen - ergo, welche Methoden, mit welchen technischen Rahmenbedingungen er einsetzen kann, oder eben auch nicht. 
Denn ohne die notwendigen Kenntnisse bei den Teilnehmern und entsprechende Kompetenzen sind sie andernfalls nicht in der Lage bestimmte Vorgänge online überhaupt durchführen zu können.

Um bei Anna Langheiter zu bleiben - ein "Gschichtl" dazu:

Der E-Trainer möchte mit den Teilnehmern ein Thema unter dem Blickwinkel von drei Thesen betrachten. Dazu teilt er die Lernenden in drei Gruppen auf. Diese sollen nun in den Nebenräumen des Webinarraumes jeweils eine These erörtern, die Erkenntnisse notieren und am Ende der Gruppenarbeit wieder in den Hauptraum kommen.

In der Präsenz läuft dies beispielsweise folgendermaßen: Der Trainer hat bereits zu Beginn auf den Stühlen der Teilnehmer eine bestimmte Süßigkeit platziert. Die Gruppen finden sich je nach Süßigkeit zusammen, schnappen sich ihren Flipchartbogen und Stifte und gehen in den jeweiligen Nebenraum.
Während der Gruppenarbeit schaut der Trainer kurz vorbei und erinnert noch einmal an die vereinbarte Endzeit. Am Ende der Gruppenphase finden sich die Gruppen - mit ihren jeweiligen Flipchartbögen - wieder im Hauptraum ein und diskutieren die Ergebnisse.

Im Webinar läuft dies etwas anders.

Da ist zunächst schon der Punkt, ob die Teilnehmer (je nach Webinarsoftware) selbst in den Nebenraum wechseln können, oder vom E-Trainer "geschickt" werden müssen.
Dieses Detail hat eine wesentliche Auswirkung darauf, wie die Gruppen eingeteilt werden können.

Denn - können die Teilnehmer selbst wechseln, dann kann der E-Trainer einfach die "Parole" ausgeben: "Bitte verteilen Sie sich zu den einzelnen Thesen, These 1 ist in Raum A, These 2 in ...."
Ist also ein "Schicken" des E-Trainers erforderlich, dann kann er es sich natürlich einfach machen und die Teilnehmer einfach willkürlich ein- und verteilen, doch ob dies förderlich ist, bleibt dann abzuwarten.

Sind die Kleingruppen letzendlich festgelegt und in die Nebenräume verteilt, kommt der nächste Punkt.

Viele Lernende sind noch nicht wirklich geübt im alleinigen Agieren in virtuellen Räumen.
Die Webinarsoftware ist jedoch oft so angelegt, dass Teilnehmer im Nebenraum auf einmal über Moderatorenrechte verfügen (die sie ja auch oft benötigen, wenn Notizen nur mit solchen Rechten auf dem Whiteboard gemacht werden dürfen).

Da sind dann also auf einmal beispielsweise vier Personen in einem Nebenraum (alle mit geschlossenem Mikrofon), vor einem unbeschriebenen Whiteboard und haben 10 Minuten Zeit sich zu einer Fragestellung auszutauschen.

In der Präsenz fängt dann, nach Blickkontakt in die Runde, meist einer an zu sprechen. Und selbst wenn nicht alle schreiben wollen, findet sich auch überwiegend schnell jemand für die Notizen auf dem Flipchartbogen.... die Gruppenarbeit schreitet voran.

  • Doch wer traut sich im Webinarraum als erster sein Mikrofon zu öffnen?
  • Wer schreibt das erste Posting auf das leere Whiteboard (wenn vielleicht auch noch der Namen des jeweiligen Teilnehmers daneben erscheint)?
  • Und wie war noch mal die Aufgabenstellung?

Und sind diese Fragen geklärt, kommt auf einmal die Stimme des E-Trainers aus dem "Off": "Die Gruppenarbeit endet in drei Minuten, bitte kommen sie zum Ende."

Diese Geschichte soll verdeutlichen, was allein für eine Gruppenarbeit (als eine Methode von vielen im Webinar) alles zu einem guten Webinardesign dazu gehört - aber oft nicht bedacht wird.

Nach Meinung von Anna Langheiter kann ein gutes Training gelingen, wenn der "Trainer zum Lernermöglicher" wird. Dem kann ich  nur zustimmen.

Allerdings gilt dies in Online Szenarien nicht nur für die tatsächlichen Lerninhalte, sondern auch für die Nutzung des Online Lernfeldes.
"Training from the back of the room" geht also nur dann zielführend, wenn der E-Trainer die Teilnehmer vorher dazu befähigt hat, die technischen Rahmenbedingungen zu beherrschen um dann thematsich arbeiten zu können.

Wenn ich also am Ende meiner Webinaren die Rückmeldung erhalte: "Was ich toll fand ist nicht nur, dass Sie uns sagen, wie wir es machen können und sollten, sondern es auch gleich immer wieder genau so tun. Dadurch habe ich viel gelernt, dass ich direkt anwenden kann." - dann habe ich es geschafft Lernen zu ermöglichen - formell und informell...



* * * * * *


Es war nicht vorgesehen, doch dieses Buch scheint mich mal wieder herauszufordern mich näher und tiefer damit zu beschäftigen ... was ich auch tun werde...
Sprich, dies war Teil 1 - mal sehen wie viele noch folgen werden ....


Ich werde das Buch nun also mit in meine Sommerauszeit nehmen und ab September dann wieder hier darüber berichten.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Sommer, einen erholsamen Urlaub und verabschiede mich bis zum 10. September.

Herzliche Grüße
Anja Röck

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Weitere Aspekte:
Gute Webinare zielgerichtet entwickeln (2)
Gute Webinare zielgerichtet entwickeln (3)

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